6. Etappe: Vom South Luangwa zum Lake Kariba

21.09 Fahrt ueber Chipata nach Petauke

Unser heutiges Tagesziel heisst Petauke, dass wir auf einer wildromantischen Fahrt laengs des Luangwa Flusses erreichen koennten, haetten wir nicht noch ein Problem mit unserem Auto. Fuer den Landrover brauchen wir noch einen Stempel zur Verlaengerung unseres TIP (Temporary Import Permit), einer Bescheinigung, dass wir unseren Landrover in dem Land weder gekauft noch verkauft hatten.. Das sollte allerdings kein Problem bei der Polizei-Hauptstelle in Chipata sein. So mussten wir notgedrungen die 100km schlaglochreiche Schotterstrecke vorbei an dem Camp „Mama Rula“ zurueck nach Chipata fahren. Nach einigem Suchen fanden wir auch tatsaechlich die Polizeistation. Dort allerdings weigerte man sich, uns den Stempel zu geben und schickte uns weiter zum CID – dem „Crime Investigation Department“. Dort war niemand anzutreffen, der authorisiert waere uns einen Stempel zu geben. Aber immerhin riet man uns, zu „Transport“ zu fahren, was immer man unter diesem Amt zu verstehen hatte. Auch die Beamten hier kannten diese Lizenz nicht und wussten auch nichts mit dem Formblatt anzufangen, setzten aber zumindest einen Stempel darunter mit der Auflage, uns ganz schnell bei der Polizei in Lusaka zu melden….. was natuerlich schnell vergessen wurde.

Noch schwieriger erwies sich anschliessend Karstens Versuch, eine kurze Hose zu kaufen. Wir durchstoeberten alles, was irgendwie nach Geschaeft oder Marktstand aussah; es war nichts Derartiges zu finden. So besuchten wir noch einmal den uns schon bekannten Supermarkt und fuellten unsere Essensvorraete auf, bevor wir uns auf die letzten gut 190km nach Petauke machten.
Petauke wurde uns als die bedeutendste Ortschaft zwischen Chipata und Lusaka beschrieben, eine lebhafte Kleinstadt mit etwa 300000 Einwohnern , die durch florierende Landwirtschaft und Kupfer-, Gold- und Ammetyst Vorkommen eine beachtliche Stellung in der Region einnimmt.
Doch davon bekommen wir nichts zu sehen. Die Armut der Landbevoelkerung hier wurde uns schon bald noch einmal vor Augen gefuehrt: Neben der Strasse sahen wir kleine Gruppen von Frauen, die in muehseliger Kleinarbeit Steine zu Kies zerschlugen. Wir wagten garnicht zu fotographieren, so betroffen machte uns der Anblick der Frauen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, eine Erlaubnis zu erhalten, fanden wir eine Gruppe, die sich gegen ein grosszuegiges Dankeschoen bereit war, sich fotografieren zu lassen. Entlang der Strasse fanden wir unzaehlige Plaetze, an denen die Frauen zumeist im Halbschatten sitzend ihren Kies an die vorbeifahrenden  Baufahrzeuge zu verkaufen.Wir sind froh, dass wir ueberhaupt in der sandigen Einoede einen Hinweis auf Petauke sehen. Fuer uns „voellig in Nowhere“ finden wir dann ein Hinweisschild auf eine Privatlodge, die offenbar erst im Aufbau ist, uns aber zumindest einen Zeltplatz zur Verfuegung stellen kann. Verschwitzt und ermuedet nehmen wir zunaechst einma einen Drink im Garten des Restaurants. Dort treffen wir die Besitzer dieser Lodge (Familie Thembo) und bewundern den unternehmerischen Geist der Familie und geniessen das Gespraech mit ihnen.

Mr. Thembo, der sich selber als Politiker vorstellt, ist noch ein wenig beunruhigt ueber den Ausgang der Wahl und die damit verbundenen Unruhen in Lusaka. Er kontaktiert einen Bruder, um sich fuer uns nach der Situation in Lusaka zu erkundigen. Daraufhin raet er uns, am naechsten Tag noch nicht in das Zentrum von Lusaka zu fahren, es ist dort – wenn auch begrenzt – durchaus zu Ausschreitungen rivalisierender Gruppen gekommen.
Zum ein wenig gewoehnungsbeduerftigen Abendessen, das wir aus Chipata mitgebracht hatten, kehren wir zu unserem Zeltplatz zurueck, der allerdings mehr einer Baustelle gleicht. Aber fuer uns reicht es allemal.

22.09 nach Lusaka
Ein wenig gespannt auf den Verlauf des Tages brechen wir relativ frueh Richtung Lusaka auf. In einer wunderschoenen Fahrt ueber hohe Berge und hinunter in waldige Taeler gelangen wir auf zunaechst guter Teerstrasse durch offenes Buschland und spaeter in malerischer Waldlandschaft –  auf kurvenreicher Passstrasse in die Niederung des Luangwa. Kurz oeffnet sich uns ein Blick auf das um diese Jahreszeit relativ trockene, etwa 400m breite Flussbett, in dem sich der Luangwa auf etwa  die Haelfte seiner moeglichen Breite um viele Sandbaenke herumschlaengelt . Und dann ploetzlich oeffnet sich der das Flussbett saeumende Wad und wir fahren direkt auf die faszinierende Konstruktion der Haengebruecke zu, die uns ueber diesen Fluss bringen wird.  Es ist unbeschreiblich, wie wunderschoen die nun anschliessende  230km lange Fahrstrecke –  teilweise entlang des Lower Zambesi National Parkes – durch die schroffe Gebirgslandschaft ist, bevor wir dann relativ spaet Lusaka erreichen.
Allerdings werden wir den Stadtkern meiden, um nicht in irgendwelche Unruhe-Zentren zu gelangen. Von unseren Freunden Froeschl, mit denen wir einige Jahre am Ramotswa Hospital zusammen gearbeitet hatten, wussten wir schon, dass sie vorsichtshalber Lusaka fuer ein paar Tage wegen der zu erwartenden Unruhen verlassen hatten. Es war also wirklich ratsam, sich am Stadtrand nach einem Zeltplatz umzusehen. Wir wollten ja am naechsten Tag so bald wie moeglich zur Botswana Botschaft, um das Problem mit meinem „verloren gegangenen“ Residence Permit zu klaeren.
Nach einigem Suchen finden wir eine Anlage mit dem Namen „Eureka“. Es war ueberhaupt kein Problem, dort einen Stellplatz zu bekommen, lediglich die Warnung, dass es hier  zu erheblicher Unruhe kommen koennte, sofern am Abend bis zum Abendessen die Wahlergebnisse nicht  verkuendet wuerden. Man sprach von „Wahlbetrug“ und war dementsprechend auch durch erhitzte Gespraeche und durch den erheblichen Alkoholkonsum emotional erregt.
In der Bar der Anlage – vor laufendem Fernseher – hatte sich bereits eine stattliche Zahl junger Maenner versammelt und auch entsprechende Mengen an Bier getrunken, sodass der Laermpegel bereits erheblich ueber „normal“ lag. Dennoch entschlossen wir uns, dort zunaechst einmal beim Sundowner die Entwicklung zu verfolgen. Zur Erleichterung aller kam die erloesende Nachricht gegen 18.00h noch rechtzeitig: Der Kandidat der sozialistischen Oppositions-Partei – Mr. Sata – hatte die Wahl mit 46% gegenueber 36% gewonnen. Lauter Jubel brach aus, da sich besonders die aermeren die Buerger sowie die Studenten – nach 3 jaehriger Herrschaft von Praesident Banda – mehr Demokratie, mehr Mitspracherecht und hoehere Einkommen versprachen.
Auch wir waren erleichtert, denn nun war auch fuer uns am naechsten Tag der Weg frei fuer unsere Fahrt zur Botschaft. Leicht erschoepft von den Ereignissen des Tages ziehen wir uns bald auf unserem Schlafplatz zurueck, beobachten noch ein paar junge Warzenschweinchen, die sich in dem Matsch eines defekten Gartenschlauchs suhlten aber staendig von den kleinen Jack Russels vertrieben wurden, und fallen dann bald entspannt und gluecklich in einen erholsamen Tiefschlaf.

23.09 Ueber Lusaka zum Lake Kariba

Eigentlich haben wir es nicht eilig, dennoch brechen wir einigermassen frueh auf. Wer weiss, was der heutige Tag noch fuer Ueberraschungen birgtt. Karsten telefoniert noch kurz mit Mr. Tembo, um ihm zu sagen, dass wir dankenswerter Weise keine weitere Hilfe von seinem Bruder benoetigen. Schon von anderer Stelle hatten wir die Information erhalten, dass im Zentrum von Lusaka alles ruhig sei. So machten wir uns ganz zuversichtlich auf die etwa 15km lange Strecke zur Innenstadt.  Dann allerdings  waren wir doch ein wenig ueberrascht, als wir unmittelbar vor dem Stadtzentrum  eine Eisenbahnbruecke ueberquerten. Unzaehlige junge Menschen hatten sich dort versammelt. Bereits hier  begannen vor allem die jungen Menshen tanzend und laut jubelnd mit geballter Faust oder ihre langen Stoecke schwingend ihrer Freude ueber den Ausgang der Wahl Ausdruck zu geben. Im Zentrum von Lusaka bis hin zum Justizpalast fuehlten wir uns wie im Hexenkessel. Ganz Lusakas Jugend schien auf den Beinen zu sein, um den Regierungswechsel zu feiern. Junge Maenner sprangen auf unser Auto oder hielten sich auf dem Trittbrett stehend an den Tueren fest und klopften an die Fensterscheiben. Mit erhogenen Armen und kampfbereit geballten Faeusten schlugen sie immer wieder auf unsere Motorhaube oder auf das Autodach. Mir war schon recht mulmig im Bauch, denn es war schwer zu erkennen, ob sie uns noch wohlgesonnen waren. Dennoch oeffneten wir die Fenster leicht, um ihnen zuzeigen, dass wir uns mit ihnen freuten. Mit einer Siegesgeste, die wir sehr schnell nachahmten, schleusten sie uns daraufhin sicher zum Justizpalast – in dessen Naehe  sich die Botswana Botschat befand – staendig begleitet begleitet von den Rufen: „Wir wollen keine Chinesen, wir wollen Euch“!
In der Botschaft selber war es das erfrischend ruhig. Man hiess uns in der grossen Eingangshalle warten, wo uns nach kurzer Zeit eine gutaussehende junge Dame begruesste. Wir erklaerten ihr unser Anliegen und zeigten ihr die amtlich bestaetigte Kopie des Permits. Sie schmunzelte nur leicht und erklaerte uns, dass wir an der Grenze nichts zu befuerchten haetten. „Das passiert hier fast taeglich!“ 

Unsagbar erleichtert verliessen wir die Botschaft und stuerzten uns erneut in das chaotische Treiben in der Stadt. In einem ruhigeren Aussenbezirk tankten wir noch schnell unser Auto auf, zogen das noetige Geld fuer die naechsten Tage und machten uns auf die 154 km nach Siavonga am Lake Kariba. Da wir ueberhaupt keine Informationen ueber unser naechstes Ziel hatten, fuellten wir noch schnell unsere Vorraete mit Eiern, Brot und Tomaten auf. 
Nach huegeliger Fahrt durch trockenes Buschland  oeffnet sich die Landschaft ploetzlich, und wir koennen zum ersten mal einen Blick auf Teile des Lake Kariba werfen, in den  mehrere Landzungen hineinragen. Danach faellt das Gelaende relativ steil ab. Auf einer dieser weit in den Damm reichenden Halbindeln erreichten wir am Kuestenhang einen unscheinbaren wirkenden kleinen Ort, der sich allerdings ueber zwei Landzungen erstreckt: Siavonga, das in den 1950ger Jahren beim Bau des Staudamms entstanden ist, das inzwischen aber 18000 Einwohner hat. Obwohl direkt an der noerdlichen Kueste des Lake Kariba gelegen ist dieser kleine Ort fuer Touristen voellig unbedeutend geblieben – im Gegensatz zu dem  wesentlich betriebsameren und ansprechenden Ort Kariba auf der Seite von Zimbabwe. Auf der oestlich gelegenen Landzunge von Siavonga liegt das „Eagles Rest Resort“, das dem dazu gehoerigem kleinen Hafen fuer B&B Gaeste oder Selbstversorger mit einigen Chalets und einem Campingplatz  direkt am See einen idealen Platz zum Ausruhen bietet.
Hier wollten wir uns nach der Unruhe der gestrigen Strecke noch einmal  3 Tage so richtig entspannen, bevor dann unsere „letzte Etappe“ nach Mokolodi antreten. Dafuer lohnte es sich auch, dass Karsten noch einmal  das Dachzelt aufbaute. Der Zeltplatz – eine gepflegte Rasenanlage unter schattenspendenden Baeumen und vorgelagertem Sandstrand – lud so richtig zum Faulenzen ein. Nach unserem schon obligatorischen Sundowner mit Gin Tonic und Bier gingen wir zum Abendessen ins Hotel-Restaurant, das allerdings dem  Charakter der Anlage entsprechend lediglich sehr einfache Kost anbietet. Uns reichte es allemal, bevor wir dann von unserem Zelt aus einen wunderschoenen Sonnenuntergang ueber dem Lake Kariba genossen.

24.09 – 26.09 Lake Kariba
Der Lake Kariba ist mit einer Lanege von 223km und einer Breite von max.25km einer der 10 groessten Stauseen der Welt. In 5 Jahren wurde er 1958-1064 mit einer Tiefe von bis zu 29m in der Kariba Schlucht erbaut. Auf der 128m langen geschwungenen Staumauer kann man heutzutage sehr bequem von Sambia aus zum Grenzuebergang nach Simbabwe fahren, deren Grenze entlang des Sambesi verlaeuft.
Um dieses Ausmass zu erreichen mussten allerdings 57000 Menschen und 6000 vorwiegend Grosstiere ihren angestammten Platz verlassen, die sich in dem Flutungsgebiet befanden. Es wird als eine der groessten Umsiedlungs- und Tierrettungsaktionen (Operation Noah) beschrieben.
Nach langem und erholsamen Schlaf standen wir am naechsten Morgen schon vor Sonnenaufgang auf, da Karsten vorhatte, in den Ort Siavonga zu marschieren, um sich dort, bevor die Tageshitze ihn zu sehr ermueden liess, die so lange ersehnte Hose zu kaufen. Gesa kuemmerte sich derweil um die Waesche und vertrieb sich die Zeit mit den sich inzwischen lebhaft unterhaltenden Feriengaesten am Strand. Dabei stieg ein ganz besonderer, leckerer Duft in die Nase: Auf offenem Feuer wurden staendig frisch kleine Fischchen gegrillt: Karpenta, die – so richtig frisch aus dem See gefangen – teils auch in einer grossen Pfanne gebraten wurden. Die musste Gesa unbedingt erst einmal probieren ! Karpenta ist eine 4-5 cm grosse Sardinenart, die urspruenglich im Tanganjikasee endemisch war. 1966 hatte man diese kleinen Fische im Lake Kariba ausgesetzt. Die kleinen Fische werden nur nachts gefischt. Sie werden mit starken Lampen angelockt und in Bodennetzen gefangen. Heute  hat sich der Fischfang zu einem wesentlichen Industriezweig entwickelt.
Nur Karsten kam und kam nicht!!! Sollte ihm etwas  passiert sein? Bei der stechenden Sonnenhitze musste er ja zunaechst einmal bergauf ins Dorf machen  – nach Angaben der Ortskundigen 3-4km. Karsten beschrieb seinen „kleinen Ausflug“ so:

„Schließlich sind es etwa 8 km, bis ich ziemlich erschöpft im Dorf angekommen bin.
Ich musste ganz um die Bucht herumlaufen. Durst gequält steuere ich eine Bar an, in der 2 ältere Männer sitzen. Natürlich kommen wir ins Gespräch, insbesondere über die gerade gehabten Wahlen, und diese beiden Männer sind gar nicht glücklich über den
Ausgang. „Die Leute machen immer große Versprechungen, die spaeter nie so recht gehalten werden. Ich erfahre, dass einer der beiden Männer, nicht nur der Besitzer der Bar, sondern auch der Häuptling des Dorfes ist. Nachdem ich mich mit 1 Liter Wasser
gestärkt habe, wandere ich weiter und finde einen typisch afrikanischen Markt, wo ich fuer billiges Geld eine neue kurze Hose erwerbe. Nach einer ganzen Weile der hin- und her-Lauferei gebe ich es auf, eine Flasche Wein zu kaufen. Fuer den Rückweg gönne ich mir ein Taxi und finde Gesa zu Hause sehr aufgeregt, weil mein „Spaziergang“ über 3 Stunden gedauert hatte, und sie sich Sorgen um mich machte.“

Nach dieser fuer uns beide anstrengenden Unterbrechung unserer Erholungspause hatten wir uns zunaechst einmal einen kuehlen Drink und ein Sandwich verdient. Danach machten wir noch einen kurzen Spaziergang zu dem kleinen Hafen, in dem sich neben einigen Sportbooten auch mehrere Hippos traege im recht schmutzigen Wasser von der abendlichen Sonne bescheinen liessen. In dieser Nacht wurde es dann noch ein wenig unruhig. Ein maechtiger Sturm war aufgekommen und peitschte die hohen Wellen mit ihren weissen Schaumkoepfen krachend und klatschend auf den Strand. Wir wurden in unserem kleinen Kuckuksnest hoch auf dem Landrover noch einmal so richtig duurchgeschuettelt.
Am darauf folgenden Tag haben wir dann wirklich nur gefaulenzt, haben gelesen, den Ladezustand unserer Geraete ueberprueft und uns auf den naechsten Tag vorbereitet, auf unsere letzte Etappe, die uns ueber Livingstone nach Botswana fuehren sollte.
Bei mehreren Sundownern beschlossen wir nach dem Abendessen unser Lager abzubauen, um am naechsten Tag nicht zu spaet zu unserer letzten Etappe nach Mokolodi aufzubrechen, als wir ploetzlich von einem Hippo gestoert wurden, das sich gefaehrlich dicht an unser Lager herangewagt hatte. Ein aufmerksamer Mitarbeiter der Lodge kam jedoch unverzueglich, um dem riesigen Tier seinen richtigen Weg zu weisen. Danach wurde das Dachzelt zusammengeklappt und wir schliefen wieder in unserem „Bett“ im Landrover.